Freitag, 10. März 2017

Will America be great again? – Widerstand im Namen der Demokratie

Präsident Donald Trump, nicht einmal vier Wochen im Amt, treibt die Spaltung der Vereinigten Staaten gnadenlos voran. Ob gerichtliche Auseinandersetzungen aufgrund seines Dekrets zur Einreisebeschränkung für Menschen aus mehrheitlich muslimischen Ländern, die Denunzierung von Teilen der Medienlandschaft oder Skandale wie jene um Michael Flynns Verbindungen zu Russland - große Teile der Bevölkerung Amerikas sehen ihr Heimatland auf eine Katastrophe zusteuern. Dies spiegelt sich auch in ersten Umfragewerten zur Beliebtheit des Präsidenten wieder, bei denen Trump mit ca. 40% Zustimmung im Vergleich zu seinen Vorgängern einen der letzten Plätze belegt.

Um den gesellschaftlichen Gegenpart, die Anhänger und Wähler Trumps, ist es zunächst ruhig geworden. Verständlich, scheint es doch so, als würde Trump die Umsetzung seiner Wahlversprechen - zugegebenermaßen in beeindruckendem Tempo - vorantreiben. Doch sein striktes Vorgehen dient vielen Amerikanern auch als Weckruf, überall in den USA beginnt sich Widerstand zu formieren. Der Illusion eines schnellen Impeachments gibt sich kaum einer hin. Nun gilt es, gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich mobil zu machen, einerseits, um Trumps politischen Handlungsspielraum zu beschränken, und andererseits, um dem Rest der Welt zu verstehen zu geben, dass sich die beileibe nicht fehlerfreie amerikanische Demokratie der Herausforderung Donald Trump stellt.

Doch wie lässt sich Widerstand leisten, ohne die Spaltung des Landes noch zu verschlimmern? Um den anlaufenden Widerstand von Teilen der amerikanischen Bevölkerung besser zu verstehen und einordnen zu können, ist eine kurze Rekapitulation des Aufstiegs Donald Trumps, wobei vor allem sein Umgang mit den Medien und seine ersten Amtshandlungen zu berücksichtigen sind, unabdingbar.

Angst schüren - Gesellschaft spalten

Es finden sich zahlreiche Theorien, die zu erklären versuchen, warum Donald Trump Hillary Clinton den zunächst sicher geglaubten Sieg im Rennen um die amerikanische Präsidentschaft entriss. Schlagworte wie Korruption, Unnahbarkeit, liberale Arroganz fallen immer wieder in diesem Zusammenhang. Unbestritten ist, dass die „Verfehlungen“ Clintons, wahlkampfpolitisch aufgeladen, perfekt in Trumps Narrative der Korruption und des Anti-Elitarismus passten. Trump bot und bietet ganz in populistischer Tradition einfache Lösungen für komplexe Probleme, welche er geschickt mit einer rückwärtsgewandten Utopie verbindet (vgl. Backes/Jesse, S. 143): "Make America great again!"

Lange wurde behauptet, Trump sei nur durch die Unterstützung der Abgehängten, also Globalisierungsverlierern mit geringer Bildung und ohne Perspektive sowie einiger Radikaler, zu politischer Relevanz gelangt. Doch gelang es ihm, vor allem durch seine geschickte politische Instrumentalisierung der Medien und der daraus folgenden Omnipräsenz, auch große Teile des amerikanischen Mittelstands zu mobilisieren. Dies äußerte sich in der überraschenden Übernahme sonst demokratisch geprägter Staaten wie beispielsweise Wisconsin, Michigan oder Pennsylvania, mit der er die sogenannte „Blue Wall“ der Demokraten zum Einsturz brachte. Das Schrumpfen der Realeinkommen der unteren 40 Prozent der Amerikaner in den letzten 30 Jahren verdeutlicht, dass ein großer Teil seiner Wählerschaft Angst hat, selbst wirtschaftlich abgehängt zu werden bzw. Status oder etwaige Privilegien zu verlieren.

Trump, der sich einst selbst als den „Ernest Hemingway of 140 characters“ bezeichnete, hat einen nicht unerheblichen Teil seines Erfolgs dem geschickten Umgang mit den Medien und seiner Social Media-Präsenz zu verdanken. So förderte er gezielt Feindbilder und polterte sich als Anti-Politiker zur Präsidentschaft. Ob kalkulierte Provokation oder authentisches Gebaren, Trumps innovative Herangehensweise an den Wahlkampf traf den Zeitgeist und verschaffte ihm eine zuvor kaum dagewesene mediale Präsenz für einen Bruchteil der Kosten vergleichbarer Medienstrategien anderer Präsidentschaftsanwärter, während ihm alternative Medienplattformen wie Breitbart News oder The Daily Caller Zugang zu neuen Wählergruppen ermöglichten (vgl. Stone, S. 10).

Am 20. Januar 2017 als amerikanischer Präsident vereidigt, lässt Donald Trump mit Schlagzeilen erneut nicht lange auf sich warten. Exekutive Erlasse wie das Einreiseverbot für Bürger der mehrheitlich muslimischen Länder Irak, Syrien, Libyen, Somalia, Jemen, Sudan und Iran polarisierten, konnten jedoch zunächst von der Justiz gekippt werden, woraufhin Trump öffentlich die Justiz attackierte. Ein Angriff auf die Gewaltenteilung oder verletzter Stolz? Unterdessen verstärkte Trump seine Anstrengungen, mit Neil Gorsuch einen extrem konservativen Bundesanwalt im Supreme Court zu etablieren, welcher aufgrund seines jungen Alters eine republikanische Dominanz im obersten Gericht auf Jahrzehnte sichern könnte.

Die Politik oder Anti-Politik Donald Trumps zielt hauptsächlich auf die Suggestion einer wirtschaftlich besseren und sichereren Zukunft ab. Betrachtet man Trumps politischen Werdegang und dessen Verhalten, besonders bezüglich Kritik, liegt die Vermutung nahe, dass als Reaktion auf seine erfolglose Politik zu 100 Prozent seine politischen Gegner verantwortlich gemacht werden. Die ersten Wochen der Präsidentschaft geben einen Vorgeschmack darauf, wie politische Gegner, beispielsweise unliebsame Medien, liberale Organisationen oder ausländische Regierungen verantwortlich gemacht, denunziert oder dämonisiert werden könnten. Es gibt wohl kaum einen Amerikaner, der nach den ersten vier Wochen der Präsidentschaft Trumps noch an eine Strategie der Aussöhnung, der Solidarität und der Kooperation glaubt.

Eines zeigt der Erfolg Donald Trumps jedoch überdeutlich: auch Staaten mit einer langen Geschichte stabiler demokratischer Verhältnisse können von der unglaublichen Dynamik des Populismus erfasst werden. Einigen Vertretern der Medien erging es wesentlich schlimmer als der Justiz. So musste sich unter anderem CNN vom Präsidenten vorwerfen lassen, „fake news“ zu propagieren und illegale und verwerfliche Praktiken zu verfolgen. Es scheint, als bestünde die primäre Medienstrategie Trumps nun darin, unliebsame und kritische Berichterstattung schlichtweg als falsch abzutun.

Trumps War on Media

Ob Buchdruck, Fernsehen oder Internet mit Social Media, revolutionäre Medien haben und werden immer tiefgreifende Auswirkungen auf Gesellschaft und Politik haben. Die Medienlandschaft wird heutzutage auch als "vierte Gewalt" wahrgenommen und ist fester Bestandteil des politischen Systems und seiner Funktionslogik geworden (vgl. Lösche, S. 330). Politiker machen sich dies seit jeher zunutze. Goebbels Riefenstahl-Filme unterstützten den Aufstieg Hitlers im Deutschland der 1930er Jahre, John F. Kennedy galt als erster Fernseh-Präsident, der die Massen begeisterte und seinem Land zum Aufbruch zu „New Frontiers“ verhalf. Bis hin zu Barack Obama, welcher als erster Social Media Präsident fungierte, da er mithilfe von Facebook und Co. Wahlkampf betrieb und auch während seiner Amtszeit versuchte, über diverse Kanäle in Verbindung mit der Bevölkerung zu stehen. Die Hauptaufgabe der Medien in einer Demokratie, besteht darin, die Bevölkerung zu informieren und somit über den öffentlichen Diskurs kontrollierend auf die Machthaber zu wirken.

Nun muss sich im Jahr 2017 mit Präsident Trump einer der kontroversesten Charaktere amerikanischer Politik im Amt behaupten. Seine populistische Strategie der gezielten Provokation scheint er auch im Amt fortzuführen, so drohen die kommenden vier Jahre zu einer Art verlängertem Wahlkampf zu verkommen, der die Vereinigten Staaten weiter spalten wird.

Außer Frage steht, dass die sogenannten „Mainstream Medien“ nicht als vollkommen unbeteiligtes Opfer der Agenda Trumps zu werten sind. Sie waren es, die Trump unbedacht aus Profitgier eine Plattform boten und die durch zweifelhafte Berichterstattung Trumps Aufstieg mit zu verantworten haben. Des Weiteren trugen sie maßgeblich dazu bei, Unterstützer Trumps zu isolieren, in eine politische Ecke zu drängen und zu verurteilen. Dies erschwerte das Etablieren eines kontroversen öffentlichen Diskurses ungemein.

Die Beziehung zwischen Donald Trump und der Medienlandschaft erwies sich bereits oft als schwierig. So kam es schon während des Wahlkampfes zu einigen Auseinandersetzungen und Skandalen. Trump verwies beispielsweise den Nachrichtensprecher des lateinamerikanisch orientierten US-Network Univision, Jorge Ramos, bei einer Pressekonferenz in Iowa des Raumes oder ließ sich zu sexistischen Kommentaren gegenüber der FOX-Reporterin Megyn Kelly hinreißen.

Doch nun nimmt diese bereits belastete Beziehung zu den Medien durch die Verpflichtungen und Herausforderungen der Präsidentschaft ungeahnte Dimensionen an. Den Kampf gegen die vermeintlichen „fake news“ scheint Trump nahezu bei jeder Gelegenheit zu propagieren. So ließ Trump während der Conservative Political Action Conference am Freitag, den 24.02.2017, verlauten:
"It's fake, phony, fake. They have a professional obligation as members of the press to report honestly. But as you saw throughout the entire campaign, and even now, the fake news doesn't tell the truth.
So baut Trump geschickt ein Gegennarrativ auf, indem er die liberalen Mainstream-Medien als eigenständige politische Akteure bzw. Opposition anprangert, welche nicht das Wohl der amerikanischen Bürger*innen, sondern das Durchsetzen der eigenen politischen Agenda als Hauptziel haben. Journalisten werden zu „enemies of the people“ stilisiert. Ebenfalls an jenem Freitag sorgte der Ausschluss akkreditierter Medien wie CNN, der New York Times, Politicos, der BBC und einiger anderer für einen erneuten gesellschaftlichen Aufschrei und fachte die Diskussion um die Pressefreiheit in den USA weiter an. So beispielsweise die Einschätzung Marty Bartons, einem Redakteur der Washington Post:
This is an undemocratic path that the administration is traveling.“ 
Sean Spicer, der designierte Pressesprecher der Trump Administration, sieht sich tagtäglich mit neuen Leaks, Provokationen oder offensichtlichen Falschaussagen des eigenen Präsidenten konfrontiert. Diese müssen entkräftet und in die eigenen Narrative eingebaut werden. So wird kurzerhand aus dem Ausschluss der eher kritischen Medienvertreter eine ganz normale „ expanded pool“ Veranstaltung, bei der nun mal nur ausgewählte Vertreter geladen sind, welche sich zur Weitergabe der neuen Informationen an ihre Kollegen verpflichten.

Während jedoch liberalen Medien der Ausschluss droht, scheint es geradezu logisch, dass Mediengesellschaften wie das rechtskonservative Breitbart News Network, das Fremdenhass, LGBTQ-Hass, Frauenhass und Rassismus fördert, ein fester Bestandteil der Medienstrategie des Weißen Hauses zu werden scheinen. Breitbarts ehemaliger Executive Chairman Steve Bannon, mittlerweile zu Trumps Chef-Strategen avanciert, wird des öfteren als dessen „Gehirn“ bezeichnet. Bannon wird einerseits mit der rechtsradikalen „alt-right“ Bewegung in Verbindung gebracht, andererseits steht er dem IT-Mogul Robert Mercer, Hauptsponsor des Trump-Wahlkampfes und Unterstützer Breitbarts, nahe.

Die Strategie oder Verwirrungstaktik der Trump Administration und ihrer heimlichen Ideengeber scheint auf der Etablierung ihrer eigenen Narrative durch nahestehende Medienorganisationen zu fußen. Dies geht mit einer gleichzeitigen Diskreditierung der Mainstream-Medien und gezielten Provokationen einher. Aufgrund der hohen Komplexität bzw. des enormen Angebots an Medien auf diversen Plattformen, kombiniert mit der Schnelllebigkeit von Nachrichten in unserer Zeit, scheint es, als gehe es immer weniger um die faktische Wahrheit, sondern um hohe Klickzahlen und Meinungsmache.

Die Gefahr dieser gesellschaftlichen Situation wird an den sogenannten „Filterblasen“, welche über Algorithmen dem jeweiligen Nutzer kompatible Nachrichten zur Verfügung stellen, was de facto in einer einseitigen Meinungsbildung mündet, deutlich. Doch dieses Phänomen ist keineswegs auf eine politische Minderheit beschränkt, so begünstigt auch die Online-Entwicklung die weitere Spaltung der Gesellschaft.

In Amerika grassiert die Angst, der eigene Präsident könnte die Demokratie ins Wanken bringen, schließlich bezeichnete dieser bereits im Vorfeld die Wahlen als manipuliert, Politiker als korrupt, Richter als unfair und Journalisten als Lügner. Zwar sind Trumps Angriffe auf die kritische Medienlandschaft beispielsweise im Vergleich zu den Einschränkungen der Pressefreiheit nach dem Putschversuch in der Türkei eher gering, doch sollte man die Signalwirkung der Vereinigten Staaten als „leader of the free world“ auch für den europäischen Raum, in dem sich Rechtspopulisten auf dem Vormarsch befinden, nicht unterschätzen.

Die von der eigenen Administration unter Beschuss geratene Pressefreiheit findet unterdessen zahlreiche Verteidiger, auch in den Reihen der Republikaner. So preist sogar der ehemalige Präsident George W. Bush die Medien als „indispensable to democracy“ und setzt die Ereignisse ebenfalls in einen weltpoltischen Kontext: „It’s kind of hard to tell others to have an independent, free press and we’re not willing to have one ourselves”. Wer daran interessiert ist, wie solch eindeutige Aussagen in wilde Verschwörungstheorien integriert werden, dem sei an dieser Stelle die Kommentar-Sektion des Breitbart News Network empfohlen. 

Doch auch abseits der großen Schlagzeilen formiert sich seit Trumps Wahlerfolg breiter Protest. Große Teile der amerikanische Bevölkerung beginnen sich auf demokratische Werte zu besinnen, um der staatlichen Willkür die Stirn zu bieten.

Präsidentschaft des Protests

Das Gebaren Donald Trumps im Amt gleicht momentan eher dem eines Autokraten. Quasi im Alleingang erlässt er Dekrete wie das Einreiseverbot, ohne den Kongress zu konsultieren. Dies führt auch in den Reihen der Republikaner zu wachsendem Unmut. Ob die Initiierung des Mauerbaus an der Grenze zu Mexiko, die Anordnung der Fortführung umstrittener Öl-Projekte oder Schritte zur Abschaffung des Affordable Care Acts, jahreslanges Ringen um Fortschritt könnte in kürzester Zeit zerstört werden. Doch große Teile der Bevölkerung scheinen die Anordnungen von oben nicht einfach so hinnehmen zu wollen.

Die genauen Zahlen sind im Zeitalter der „fake news“ natürlich höchst umstritten, doch laut Spiegel Online gingen bereits am Tag nach der Amtseinführung in den USA wohl über 4 Millionen Menschen im Zuge der sogenannten Women‘s March-Bewegung auf die Straße. Deren erklärtes Ziel war, gegen Präsident Trumps Agenda im allgemeinen und gegen seine sexistischen und rassistischen Kommentare und Einstellungen im besonderen zu protestieren. Schenkt man den Schätzungen zur Hauptdemonstration in Washington DC Glauben, nimmt der Women‘s March mit über 500.000 Demonstranten Platz eins in der Rangliste der größten US-amerikanischen Demonstrationen ein, noch vor der legendären Anti-Vietnamkriegs-Demonstration von 1969. Ein Zeichen, wie sehr Donald Trump auch international polarisiert, sind die Solidaritätsmärsche von Berlin bis Bogota in Hunderten Städten überall auf der Welt.

Doch nun muss sichergestellt werden, dass dieses gewaltige Protestpotenzial und Engagement nicht wie ein Strohfeuer verpufft. Die Aufgabe der Widerständler wird darin bestehen, sich zu einer echten Bewegung zu entwickeln und zu vernetzen. Präsident Trump soll das Regieren erschwert werden, seine persönlichen Defizite und die seiner Agenda sollen öffentlich gemacht werden. Ein vernetzter Protest aller Gegner Trumps, darunter Demokraten, Vertreter von Minderheiten, Feminist*innen, Künstler*innen und so weiter, könnte entstehen, welcher die Verfassung der Vereinigten Staaten hochhält und ihren Anführer daran misst.

Solche „Grassroots“-Bewegungen haben in Amerika eine lange Tradition. „Grassroots“ meint im politischen Kontext eine Art Basisbewegung, die durch eine Art Bottom-up Ansatz versucht, eine gesellschaftliche Alternative zu Regierungspositionen zu bieten. Das Wirken solcher Basisbewegungen lässt sich, stark reduziert, als stark partizipatorischer Ansatz der Demokratie verstehen.

Als einflussreicher Akteur ist hierbei die Tea-Party-Bewegung zu nennen, welche sich selbst gerne als unideologisch und unpolitisch bezeichnet, doch ist sie de facto eine erzkonservative, populistische Protestbewegung, die aufgrund der Steuer-, Gesundheits- und Umweltpolitik Obamas entstand. Die Stärke solch einer Bewegung liegt nicht in einer hierarchischen Struktur, sondern in der flächendeckenden Vernetzung und Koordination.

Die Aktivisten hinter dem Women’s March wollen ihr Momentum nicht verlieren. Sie haben nun erst einmal „10 Actions in the first 100 Days“ als Ziel ausgegeben und beschreiben diese auf ihrer Website wie folgt:
 „We’re collectively generating a wave of thousands of grassroots-led protests, actions, and meetings directly engaging members of congress during the President’s Day week.” 
Weiterhin gibt es auf deren Website Vorbereitungsmaterial, Handreichungen zum Umgang mit Poltitikern sowie weitere Tipps und Aufforderungen zum Protest. Wirft man einen Blick auf die Sponsoren und befreundeten Organisationen wie den National Resource Defense Council, Planned Parenthood oder die American Civil Liberties Union (ACLU), lässt sich die fortschreitende Vernetzung erkennen.

Eins ist allen Organisationen gemein, sie sehen ihre Werte und ihre Freiheit von der eigenen Regierung untergraben. Auch Prominente wie beispielsweise der kontroverse Filmemacher Michael Moore, der schon früh vor dem Wahlsieg Trumps warnte, rief die Protestteilnehmer zu weiterem politischen Engagement auf, um Druck auf Abgeordnete und Regierung auszuüben.

Civic Engagement


Ex-Präsident Barack Obama, der in seiner Abschiedsrede noch einmal verdeutlichte, dass die Rechte der amerikanischen Bürger*innen zwar „self-evident“, jedoch nicht „self-executing“ seien, sprach damals schon indirekt an, dass man die Instrumente der Demokratie nutzen müsse, um eine bessere Union zu formen. Unausgesprochen blieb, dass sich dieses Engagement direkt gegen Donald Trump wenden würde. Die spontanen Proteste, die Solidaritätsbekundungen und Spenden, kurz das gesellschaftliche Engagement oder „Civic Engagement“ der Amerikaner im Zuge des Einreiseverbots erfülle ihn mit Mut, so Obama Ende Januar.

Kurz nach der Wahl Trumps zum Präsidenten formierte sich bereits Widerstand. Ein wichtiger Teil der Strategie besteht darin, das gesellschaftliche Engagement im und über das Internet zu fördern. Websites wie Indivisible Guide, Swing Left, Women’s March, MoveOn.org, Citizen.org oder 5Calls, um nur einige zu nennen, dienen der politischen Mobilisation. So werden Gleichgesinnte vernetzt und man kann sich einen Überblick über die jeweilige regionale politische Situation verschaffen. Ebenfalls werden schrittweise Anweisungen des politischen Aktivismus genauso wie generelle Informationen im Umgang mit Offiziellen oder politisch Andersdenkenden zur Verfügung gestellt.

Hierbei ist der deliberative Ansatz des „Indivisible Guide“ als besonders interessant hervorzuheben. Er wurde geschrieben von ehemaligen Kongressmitarbeiter*innen und bietet besondere Einblicke und Anweisungen zur Einflussnahme beispielsweise auf lokale Kongressabgeordnete. Es geht also darum, die Teilhabe der Bürger*innen an öffentlicher Kommunikation und Entscheidungsfindung anzuregen.



Unter anderem wird vorgestellt, wie man Bürgerversammlungen, sogenannte „Town Hall meetings“, oder andere öffentliche Veranstaltungen sowie Sprechstunden, ob persönlich oder am Telefon, nutzt, um Einfluss zu nehmen. Mit wenigen Klicks findet man einen vollständigen Überblick über wichtige „Grassroots“-Taktiken. Auch die American Civil Liberties Union unternimmt Anstrengungen, eine Basisbewegung ins Rollen zu bringen. Unter peoplepower.org sollen unter anderem Veranstaltungen und Trainingseinheiten per Livestream übertragen werden und somit politische Aktivisten regional unabhängig ausgebildet werden können.

Die Website Swing left hat sich auf die Identifizierung naher „swing districts“ spezialisiert. Dabei geht es um den Kampf um enge Wahlbezirke, die hinsichtlich der Mid-Term Wahlen 2018 besonders im Fokus stehen. Die Übernahme dieser Distrikte durch die Demokratische Partei soll Trumps Handlungsspielraum begrenzen.

Viele dieser Plattformen ähneln einander. Sie versuchen über das Bereitstellen von Informationen, die Vernetzung Gleichgesinnter und die Aufforderung zum Handeln eine positive Veränderung herbeiführen. Beinahe gelang es Aktivisten, die extrem umstrittene Betsy DeVos, Trumps designierte Bildungsministerin, zu verhindern. Es kam zu einer Pattsituation im Senat, welche nur aufgrund der Entscheidung des Vizepräsidenten Pence zugunsten von DeVos entschieden wurde.

In unserer schnelllebigen, digitalisierten Welt erscheint es zwingend notwendig, die Planung und Umsetzung der gesellschaftlichen Partizipation auch auf mobile Endgeräte zu übertragen. Auch in diesem Sektor hat sich einiges getan, neue Applikationen wie Icitizen oder CivicEagle versuchen, eine Brücke zwischen dem Alltag der Bürger*innen und deren gesellschaftlichem und politischem Engagement zu bilden. Ob dieses Unterfangen von Erfolg gekrönt wird, die Innovationen eventuell in andere Social-Media Plattformen miteinfließen oder wirkungslos verschwinden, kann nur die Zukunft zeigen.

Ob Kunstprojekte wie „He will not devide us“ des Ex-Hollywoodstars Shia LaBeoufs, das mediale Aufbäumen der Vertreter des Badlands National Parks gegen die Klimawandel verneinende Politik Trumps oder den Schutz vermeintlich „Illegaler“ durch Universitäten, Zivilcourage bzw. ziviler Ungehorsam verschiedener Bevölkerungsgruppen werden die Amtszeit Präsident Trumps über kurz oder lang begleiten und prägen. Muss man die Vereinigten Staaten von nun an als tief gespaltenes Land betrachten.


Ein kalter Bürgerkrieg 

Die ersten Wochen der Ära Trump zeigen, dass es auch für den wahrscheinlich mächtigsten Mann der Welt problematisch wird, wenn seine Anweisungen nicht befolgt werden. Zwar gelang es ihm, die meisten Spitzenpositionen mit loyalen Mitstreitern zu besetzen, doch ist es natürlich unmöglich, das gesamte Personal der Vereinigten Staaten auszutauschen. Sind seine Machtbefugnisse ausgeschöpft, muss Trump, ob Anti-Establishment oder nicht, wohl oder übel mit dem Kongress zusammenarbeiten. In dieses Bild passt Trumps ungewöhnlich versöhnliche Rede vor dem amerikanischen Kongress, bei der er zwar weniger populistisch agitiert, aber auch nicht von seinen kontroversen Zielen abweicht.

In diesem Zusammenhang hat sich der Streit um illegale Einwanderer zum Schlüsselthema entwickelt. In den Vereinigten Staaten leben heute schätzungsweise 11 Millionen illegale Einwanderer, die aus Sicht der Wirtschaft mittlerweile als unverzichtbar gelten. So haben sich einige Städte wie San Francisco, New York oder Chicago zu Schutzzonen, den sogenannten „sanctuary cities“ erklärt. Diese bieten den „Illegalisierten“ Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und Schutz vor Abschiebung, solange sie nicht straffällig werden. Dieser kommunalen Gegenwehr versucht Trump Herr zu werden, indem er diesen Schutzzonen die föderalen Mittel streichen will. San Francisco ficht als erste Stadt diese exekutive Anordnung gerichtlich an. San Francisco’s oberster Staatsanwalt, Dennis Herrera, dazu:  
„The president’s executive order is not only unconstitutional, it’s un-American. That is why we must stand up and oppose it. We are a nation of immigrants and a land of laws. We must be the ‘guardians of our democracy“
Dieser Konflikt ist über alle Maßen destruktiv und zwingt unter anderem Polizeibeamte zu Balanceakten aufgrund der unklaren politischen Lage. Auch Anhänger des Präsidenten gehen, um ihre Solidarität zu bekunden, für diesen auf die Straße, wobei diese Proteste leider des öfteren aufgrund gewalttätiger Auseinandersetzungen mit Trump-Gegnern oder dem sogenannten „black bloc“ eskalieren.

Nicht nur Donald Trump hat das Geld und dessen Verteilung als strategisch wertvoll erkannt. So gingen bei der Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union nach dem Erlass zur Einreisebegrenzung an einem Wochenende über 24 Millionen Dollar an Online-Spenden ein. Doch auf diesem Niveau werden sich die Spenden kaum halten können. Daher gilt es nicht nur, kurzfristige Investitionen wie die Einstellung neuer Rechtsanwälte zur Verteidigung der Rechte der Einwanderer zu tätigen, sondern es müssen Programme des Kennenlernens und der Verständigung, vor allem für Personen aus eher homogenen Gemeinschaften, ins Leben gerufen werden, Programme, die friedlichen und respektvollen Umgang fördern und Vorurteile entkräften, sodass dem Populismus weniger Angriffsfläche geboten wird. Die negative Emotionalisierung und Personalisierung der populistischen Politik soll entkräftet werden (vgl. Priester, S. 12). Ärger und Enttäuschung gilt es also in aktive demokratische Basis- und Verständigungsarbeit umzumünzen, die einen gemeinsamen „Wertepool“ entstehen lässt, welcher letztendlich regional sowie national vereinend wirken könnte.

Auch die Wirtschaft beginnt sich in diesen unruhigen Zeiten immer mehr direkt oder indirekt politisch zu positionieren. Auch das Silicon Valley, Amerikas Zentrum für Zukunftsindustrien, bezog spätestens nach dem 27. Januar, an dem Trumps Einreiseverbot unterzeichnet wurde, offensiv Stellung. Ob Facebook Gründer Mark Zuckerberg, Apple Chef Tim Cook oder Jack Dorsey, CEO von Twitter, alle äußersten sich zutiefst beunruhigt aufgrund der präsidialen Entscheidung.

Weiterhin kündigte die Kaffeehauskette Starbucks an, als Gegenmaßnahme gar 10.000 Flüchtlinge einzustellen, während der Brauereikonzern Anheuser-Busch beispielsweise versucht, Amerikas Vergangenheit als Einwandererland positiv zu besetzen, was als Schritt zur Förderung von Akzeptanz und Toleranz gewertet werden kann. Ob alle Bemühungen, Stellungnahmen und angekündigten Maßnahmen Wirkung zeigen, wird an Trumps zweiter überarbeiteter Version der Einreisebeschränkungen und der weiteren Entwicklung zu messen sein.

Fazit

Zusammenfassend bleibt  festzuhalten, dass Vertreter der Politik, der Wirtschaft, der Medien und vor allem große Teile der Bevölkerung mobilisiert werden müssen, um sich Trumps destruktiver Agenda zu widersetzen. Jedoch darf der prekären Situation, in der sich manche Amerikaner befinden, dabei nicht mit liberaler Arroganz begegnet werden. Politische Partizipation und gesellschaftliches Engagement kann als Schlüssel zur Veränderung und Gestaltung der Zukunftsfähigkeit der Vereinigten Staaten fungieren. Vor allem Bildungsinstitutionen sollten durch verschiedene Projekte ihre Reichweite erhöhen, denn Demokratie ist keine Zuschauerveranstaltung.

Zugleich muss unabhängiger, investigativer Journalismus einen starken Gegenentwurf zu Trumps Propaganda verkörpern. Die weitere Spaltung des Landes muss zugunsten eines fairen Diskurses aufgehalten werden, an dessen Ende vielleicht doch eine Reform des politischen Systems der USA steht, die zukünftige populistische Erfolge erschweren sollte.

Literatur
  • Backes, Uwe (Hrsg); Jesse Eckhard (Hrsg): Gefährdungen der Freiheit. Extremistische Ideologien im Vergleich, Dresden 2006
  • Löscher, Peter (Hrsg.): Länderbericht USA, Bonn 2008
  • Stone, Roger: The Making of the President 2016, New York 2017
  • Priester, Karin: Populismus und aktuelle Erscheinungsformen, Frankfurt/Main 2007
Internetquellen
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  • http://edition.cnn.com/2016/11/09/politics/donald-trump-hillary-clinton-blue-wall/
  • http://www.zeit.de/wirtschaft/2017-01/populismus-vereidigung-donald-trump-amtsantritt-strategie-usa/seite-2
  • http://www.politico.com/story/2015/11/trump-ernest-hemingway-216109
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  • http://www.chicagotribune.com/news/opinion/commentary/ct-donald-trump-criticism-insults-political-correctness-20160801-story.html
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  • http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2017/panorama7050.pdf

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