Dienstag, 21. März 2017

Danmark for Folket – Die Dänische Volkspartei

Ein Beitrag von Jasemin Bal

Der Rechtspopulismus in Europa – und in der ganzen Welt – gewinnt an Bedeutung. Mit dem neuen Präsidenten in den USA hat dies nun eine neue Dimension erreicht. Man darf jedoch nicht meinen, dass Rechtspopulismus eine neue Erscheinung ist. Im Folgenden werde ich eine Partei vorstellen, die schon seit Ende des letzten Jahrhunderts besteht und großen Erfolg in ihrem Land verbucht: die Dänische Volkspartei.

Populismus (von lat. populus = Volk), so eine Lexikondefinition, „bezeichnet eine in Europa seit den 1970er-Jahren zunehmend verbreitete Strategie zum politischen Machterwerb bzw. -erhalt durch eine starke Emotionalisierung der Politik. Hierfür wird der Gegensatz zwischen »Oben« und »Unten« oder von »Volk« und »Elite« konstruiert. Populisten erklären sich zu den Anwälten des Volkes und wollen dieses gegen die vermeintliche Bevormundung durch die Herrschenden verteidigen. Dabei reklamieren sie für sich, dass es einen kollektiven Volkswillen gäbe, den sie vertreten würden. Seit Mitte der 1980er-Jahre sind vermehrt Wahlerfolge populistischer Parteien auf nationalstaatlicher und europ. Ebene zu beobachten.“ (Online-Version bei der bpb)

Um Wähler zu gewinnen, bedienen sie sich verschiedener Stilmittel:
1. Wiederaufgreifen des common-sense
2. Einfache Lösungen für komplexe Probleme
3. Konstruktion von Feindbildern
4. Tabubrüche
5. Emotionalisierung und Angstmache

Entstehung der Dänischen Volkspartei

Die Erfolgsgeschichte der Dänischen Volkspartei beginnt 1995. Ihr Ursprung liegt aber in der Fremskridtpartiet (Fortschrittspartei, FrP), deren Geschichte ich kurz umreißen werde. Die FrP wurde 1972 von Morgens Glistrup gegründet und etablierte sich als Steuerprotestpartei. Dies war auch einer der Schwerpunkte des Parteiprogramms. Ergänzt wurde dies durch Themen wie die Begrenzung der staatlichen Bürokratie, die Vereinfachung des Gesetzgebungsverfahrens und dem Austritt Dänemarks aus allen internationalen Organisationen (UNO, NATO, Nordischer Rat).

Die Stärke der Partei lag vor allem am Populismus Glistrups‘. Er versuchte, das Volk gegen die Eliten aufzuhetzen, und bezeichnete sich selbst als Sprachrohr für die tatsächlichen Bedürfnisse der Bürger. Die FrP zeichnete sich also durch einen starken Anti-Elitismus und Anti-Intellektualismus aus. Bei der Parlamentswahl am 4. Dezember 1973 erreichte die Partei 15,9% der Stimmen und war somit zweitstärkste Fraktion im Folketing (Parlament).

Diese Wahl wird als Erdbebenwahl (Jordskredsvalget) bezeichnet. Die Ergebnisse waren sowohl Ausdruck der Unzufriedenheit der Bürger als auch des Misstrauens gegenüber den etablierten Parteien. Zwar gelang es der Partei nicht, dieses Ergebnis in den Wahlen der darauffolgenden Jahre zu wiederholen, dennoch kam sie bis 1979 stets auf über 10% der Wählerstimmen. Passend zur Identität der Partei wurde Morgens Glistrup wegen Steuerhinterziehung zu 3 Jahren Haft verurteilt. Er saß die Strafe von 1983 bis 1985 ab. In dieser Zeit hatte sich viel verändert.

Pia Kjærsgaard wurde Fraktionsvorsitzende und hatte diese Position bis 1987 inne. Sie verpasste der Partei ein vernünftiges und seriöses öffentliche Gesicht und setzte viele Reformen durch, darunter die Auflösung der „Glistrup Klausel“, die dem Parteigründer zugeteilt wurde und ihn zum Mitglied der Parteiführung auf Lebenszeit ernannte. Somit war Glistrup nur noch einfaches Parteimitglied.

Mit seiner Rückkehr 1985 spaltete sich die Partei zusehends. Es standen sich die extremen Glistrupianer (die Straffen) und die Anhänger von Pia Kjærsgaard (die Schlaffen) gegenüber. Im Wahlkampf 1987 polarisierte Glistrup mit rassistischen Aussagen und forderte die Parteimitglieder auf, sich für eine Seite zu entscheiden. Der Ärger über die Situation stieg Glistrup zu Kopf. Er beschloss, sich der Klubdisziplin zu widersetzen und gegen einstimmige Beschlüsse zu stimmen.

Da diese Widersetzung ein Kandidier-Verbot bei der nächsten Wahl nach sich zog, gründete er 1990 eine neue Partei - die Trivselsparti. Aber auch die Gründung einer neuen Partei verstieß gegen die Parteidisziplin, sodass Glistrup die FrP verließ. Seine neue Partei konnte die 2%-Hürde nicht überspringen und schaffte es somit nicht ins Parlament, weswegen die Partei von der Bildfläche verschwand.

Nach wenigen Jahren kehrte Morgens Glistrup zurück zur FrP. Trotz der vielen Meinungsverschiedenheiten wurde er von der Parteiführung zum Oberhaupt der Partei ernannt. Mit der alten Energie wetterte Glistrup speziell gegen die Einwanderer. Die zahlreichen provokanten Aussagen seinerseits brachten die Abgeordneten im Parlament dazu, die Partei zu verlassen – darunter auch Pia Kjærsgaard. Sie gründete am 4. Oktober 1995 die Dänische Volkspartei (vgl. Berger 2001: 3f.).

Die ersten Reaktionen nach der Gründung der Partei waren eher negativ. Die Meisten sind davon ausgegangen, dass die Dänische Volkspartei (DF) schnell von der Bildfläche verschwinden würde. Das Gegenteil ist eingetroffen. Großen Anteil daran hatte das Auftreten Pia Kjærsgaards, doch dazu später mehr.

Bei der Parlamentswahl 1998 schaffte es die DF, über 7% der Stimmen für sich zu gewinnen. Die Fortschrittspartei hingegen erreichte nur knapp die 2%-Hürde. 2001 verschwand die FrP endgültig von der Politik-Bildfläche. In diesem Jahr hat die DF dann ihren Durchbruch geschafft. Auch in den folgenden Parlamentswahlen hat sie, bis auf die Wahl 2011, durchweg positive Ergebnisse erzielt. 2015 war sie mit 21,2% der Stimmen sogar zweitstärkste Partei im Parlament (vgl. Hillebrand 2015: 17).

Gründe für den Erfolg

Gründe dafür liegen in der Geschichte Dänemarks und dessen sozialen Zusammenhang. Die Dänen haben ein ganz dezidiertes Selbstverständnis von Nation, Identität und Zugehörigkeit. In einer Umfrage im Jahr 2016 sollte jeder Däne die zehn für ihn wichtigsten kulturellen Bausteine der dänischen Gesellschaft auflisten. Diese Umfrage nennt sich Danmarkskanon. Zu den zehn Spitzenbegriffen gehören: Wohlfahrsstaat, Freiheit, Vertrauen, Gleichheit vor dem Gesetz, Gleichberechtigung von Mann und Frau, die dänische Landessprache, Vereinsleben und freiwilliger Einsatz, Gedankenfreiheit, „Hygge“ (dänisches Lebensgefühl, von dem die Dänen behaupten, dass es keine genaue Übersetzung gebe) und christliches Kulturerbe.

An dieser Auswahl kann man schon die Mentalität der Dänen erahnen. Den Ursprung hat dies in der Vergangenheit des Landes. Anfang der 1770er Jahre begann der Wandel in Dänemark von einem mittelalterlichen selbstverwalteten Ständestaat hin zu einem frühmodernen zentralistischen Verwaltungsstaat. Hier wurden die Ideen der Aufklärung festgesetzt. Den Anfang bildete die Modernisierung der Staatsverwaltung und die Liberalisierung der Wirtschaft, die von Johann Friedrich Struensee herbeigeführt wurde. Er war Leibarzt und hatte damals eine besondere Stellung am Hofe. Besonders wichtig war ihm die Stellung der Bauern, die nach den Reformen erhebliche Verbesserung erfuhr. Die Leidtragenden waren die dänischen Manufakturen, die dadurch zusammengebrochen sind.

Struensee hat sich durch seine Politik viele Feinde gemacht, die 1772 seinen Sturz herbeiführten. Nach dem Sturz übernahm Ove Hoegh-Guldberg die Stellung. Zu seinen wichtigsten Zielen gehörte es unter anderem, die Struenseeschen Reformen aufzuheben. Er wollte der dänischen Sprache und Kultur neuen Aufschwung verleihen und daneben die Deutschen (die großen Einfluss hatten) zurückdrängen. Im selben Jahr (1772) wurde Dänisch zur Amtssprache. Vier Jahre später wurde das Eindringen von Ausländern in die Regierungsämter eingedämmt. Nur noch Dänen durften diese Ämter besetzen (vgl. Bohn 2010: 81).
„Mit diesem Gesetz leitete die Regierung Hoegh-Guldberg eine neue Entwicklung in der Monarchie ein. Das Selbstbewusstsein des dänischen Bürgertums wurde gestärkt, und dass Bewusstsein einer eigenständigen dänischen Kultur wuchs an, obgleich der deutsche Einfluss im politischen und auch kulturellen Leben weiterhin spürbar war“ (Bohn 2010: 82).
Der Streit zwischen Deutschland und Dänemark wurde über Jahrzehnte weitergeführt. Spätestens mit der Annexion Schleswig-Holsteins durch den preußischen Staat (1867) fand er seinen Höhepunkt. Nach langer Uneinigkeit fand man im Versailler Friedensvertrag eine Lösung, die von beiden Seiten akzeptiert wurde (vgl. Bohn 2010: 106-108). Vor kurzen aber äußerte der Vize-Chef, Søren Espersen, dass Gebietsveränderungen zwischen Deutschland und Dänemark wünschenswert seien. Damit gemeint ist die Grenzverschiebung bis zur Eider, sodass ganz Schleswig zu Dänemark gehören würde. Espersen versucht auch, die Bevölkerung zu mobilisieren. Die Landesregierung hatte sich dazu zwar noch nicht geäußert, aber Gerüchten zufolge ist diese Grenzverschiebung sehr unwahrscheinlich und absurd (vgl. Exner 2017).

Wohlfahrtsstaat

Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt ist das Modell des Sozialstaats, das sich in Dänemark sehr früh durchsetzen konnte. Die Sozialversicherungen wurden allesamt im 19. Jahrhundert eingeführt, einzig die Arbeitslosenversicherung im frühen 20. Jahrhundert. Im dänischen Typus des "sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaats" bezahlt die Bevölkerung sehr hohe Steuern, bekommt aber auch gute Leistungen zugesprochen. Wichtig zu wissen ist hier, dass diese soziale Sicherheit allen gleichermaßen zugutekommt und Universalität das oberste Gebot darstellt. „Die Sozialdemokraten fassen das in den Leitspruch: »Dänemark gehört seinem Volk«“ (Hillebrand 2015: 18) sehr schön zusammen.

Die Schwierigkeiten, mit denen sich Dänemark konfrontiert sieht, zeichnen sich in den 1980er Jahren ab. Hierzu gehören die Integration in die EU, die Zunahme sowohl der Immigration als auch der Flüchtlinge und die Prozesse der Globalisierung (vgl. Hillebrand 2015: 18). Hier muss man jedoch anmerken, dass Dänemark zu den Ländern gehört, die sehr stark von der Globalisierung profitieren. Diese Herausforderungen waren jedoch Grund für das Volk, das Vertrauen in den Wohlfahrtsstaat zu verlieren. Vor allem die Tatsache, dass Diversität und Immigration eine so große Rolle spielen, missfällt den Dänen, die bekanntermaßen sehr stolz auf ihr kleines Land sind und das gerne nur für sich beanspruchen. In Anbetracht dessen wurde Vielfalt als etwas Negatives angesehen, das die soziale Demokratie zerstören würde.

Aus diesem Grund sollte „der Rechtspopulismus in Dänemark […] vor dem Hintergrund dieser Schnittstellen von Demokratie, Wohlfahrtsstaat und nationaler Frage verstanden werden“ (Hillebrand 2015: 18).
„Die Dänische Volkspartei unterzog ihre wirtschaftspolitischen Positionen einer grundlegenden Revision, als sie die ultraliberale, steuerkritische und unorthodoxe Ausrichtung der Fortschrittspartei hinter sich ließ. Sie eignete sich ein moderates, klar sozialstaatsfreundliches Profil an und stellte vor allem heraus, die Leistungen des Wohlfahrtsstaats für gebürtige Dänen bewahren zu wollen.“ (Hillebrand 2015: 20)

Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie

Besonders auffällig ist die Ausländerthematik, mit der die Partei schon von Anfang an den Nerv der Bevölkerung trifft. Der Partei kam zugute, dass die Zahl der Einwanderer immer weiter anstieg und die Bevölkerung nicht wusste, wie damit umzugehen sei. Daraufhin behauptete die Partei, Einwanderer würden ungerechtfertigterweise Sozialleistungen erhalten und die wirtschaftliche und moralische Gutmütigkeit der Dänen ausnutzen (vgl. Hillebrand 2015: 20). Im Parteiprogramm wird die Fremdenfeindlichkeit sehr sichtbar:
„Dänemark ist kein Einwanderungsland und ist es nie gewesen. Wir wollen daher keine multi-ethnische Wandlung unseres Landes akzeptieren. Dänemark ist die Heimat der Dänen, und die Bürger müssen sich darauf verlassen können, in einem sicheren, sich in Übereinstimmung mit der dänischen Kultur entwickelnden Rechtsstaat zu leben. Ausländer müssen in die dänische Gesellschaft aufgenommen werden können, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass dadurch die Sicherheit und die Demokratie unseres Landes nicht aufs Spiel gesetzt werden“ (Aus dem Parteiprogramm der Dänischen Volkspartei: 2002).
Besonders auffällig ist hier ein Kulturrassismus. Unter Kulturrassismus wird ein Rassismus ohne Rassen verstanden. Das heißt, es wird nicht mehr von einem biologischen Rassebegriff gesprochen, sondern von einem Begriff, der andere Kulturen und Religionen meint. Dieser Begriff geht meist Hand in Hand mit dem der Islamophobie (darunter wird eine starke Abwehrhaltung gegenüber dem Islam verstanden). Pia Kjærsgaard findet hierfür auf einer Wahlkampfveranstaltung im Jahr 2000 deutliche Worte:
„Most immigrants today are from Third World countries. And many of them are Muslims who have absolutely no intention of becoming part of ‚Danishness‘. But we are not going to accept this situation, dear friends! [emphasizing the statement by raising her voice][…] They despise whatever is Western, Danish or Christian. They often come with baggage full of male chauvinism, ritual slaughtering, circumstances of girl-children and clothes that oppress women, and with their traditions which belong to the Dark Middle Ages.” (DR-TV: Horisont. 10. April 2000, zit. in: Kuschel 2011: 10)
Aus diesem Zitat lässt sich eine Vorstellung von dänischer Identität ableiten, die vor allem durch Christentum und westliche Weste definiert wird und die im Gegensatz zu anderen Kulturen steht. Ausgegrenzt werden hier Muslime bzw. die arabische Welt. Sie werden als absoluter und unvereinbarer Kontrast zur eigenen Kultur gesehen, die kein Bestreben danach haben die dänische Kultur anzunehmen, „[…] folglich seien Kontakte zu beschränken und Zusammenstöße zu vermeiden“ (Hillebrand 2015: 21).

Auffällig ist auch, wie Kjærsgaard mit ihren Zuhörern sympathisiert. Sie konstruiert mit ihrer Sprache eine Gemeinschaft („we are not going to accept this“), die sich unbedingt wehren möchte gegen die schrecklichen Einflüsse der Muslime. Hier muss auch darauf aufmerksam gemacht werden, dass Pia Kjærsgaard ein sehr negatives und einseitiges Bild der islamischen Kultur darstellt, das mit den allgemeinen Menschenrechten und den westlichen Werten unvereinbar ist.

Außerdem wird hier impliziert, dass andere Parteien diese Lage akzeptieren würden und nur die Dänische Volkspartei nicht. Mit diesen Elementen wird Wut bei der Bevölkerung geschürt, und dies kommt der Partei natürlich zugute. „Erwähnenswert ist ebenfalls, dass Dänemark zu den Staaten in der EU mit dem geringsten Anteil an Einwanderern in der Bevölkerung zählte und zählt […]“ (Kuschel 2011: 12). Hier gibt es also keinen Zusammenhang zwischen Islamophobie und der tatsächlichen Anwesenheit von Ausländern.

Euroskeptizismus

Ein weiteres wichtiges Element der Politik der DF bildet der Euroskeptizismus, mit dem die Partei schon von Anfang an Wähler an sich zieht. Euroskeptizismus bezeichnet eine kritische Einstellung gegenüber der EU. Das Spektrum dieser Einstellung reicht von vereinzelter Kritik bis hin zur absoluten Ablehnung.
„Cécil Leconte unterscheidet zwischen utilitaristischem Euroskeptizismus, politischem Euroskeptizismus, wertebasiertem Euroskeptizismus und kulturellem Anti-Europeanismus.“ (Piontek 2015: 16)
Ein weiterer Einteilungsversuch ist die Unterscheidung zwischen „hartem“ und „weichem“ Euroskeptizismus, der für diese Arbeit von Relevanz ist. Dabei versteht man unter „hartem“ Euroskeptizismus die feindselige Ablehnung gegenüber der EU, die sich unter anderem durch die Befürwortung des Austritts aus der EU äußert. Unter „weichem“ Euroskeptizismus versteht man den kritischen Umgang mit der Politik der EU. Gemäß dieser Einteilung befindet sich die Dänische Volkspartei unter den „weichen“ Euroskeptikern. Das hat eine lange Tradition in Dänemark.

Zurückzuführen lässt sich diese Haltung unter anderem auf den Überfall durch Deutschland am 9. April 1940. Dänemark hatte bis dato jegliche Wünsche und Forderungen Deutschlands erfüllt, und obwohl ein Nichtangriffspakt und eine Neutralitätserklärung vorlagen, wurde Dänemark auch zum Opfer der Nationalsozialisten. Das eigentliche Ziel der Nazis war zwar Norwegen, aber Dänemark lag nun mal auf dem Weg dorthin (vgl. Bohn 2010: 114).

Einen weiteren Beitrag zum Euroskeptizismus leistete nicht nur die Angst vor Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern auch die Kooperation mit den anderen nordischen Ländern. Sie teilten alle dasselbe Verständnis für Tradition und Kultur. Beides in Kombination bildet den Ursprung für ein dänisches Verständnis von Souveränität und Unabhängigkeit. Zu den Erfolgen des Euroskeptizismus zählen 1992 die Ablehnung des Maastricht-Vertrags, des Euros 2000 und letzten Dezember eine Zusammenarbeit mit den europäischen Sicherheitsbehörden.
„»Die Dänen wollen nicht mehr EU, aus Angst, ihre Souveränität zu verlieren und von den großen Staaten dominiert zu werden«, sagt Derek Beach, Politikprofessor der Universität Aarhus. »Aber sie wollen auch nicht die EU verlassen. Dazu sind die Handelsbeziehungen zu wichtig, vor allem zu Deutschland und Schweden.« Zwar fordert die rechtspopulistische Dänische Volkspartei ein Austrittsreferendum, doch sie ist die einzige große Partei, die das fordert. Ihr Vorhaben hätte zurzeit kaum Aussicht auf Erfolg. In einer Umfrage von Mitte Juni sprachen sich nur 31 Prozent der Dänen für den "Dexit" aus.“ (Hecking und Tönnesmann, 2015)
Die Dänische Volkspartei nutzt diese Diskussion dafür, um immer wieder davor zu warnen, dass durch die Mitgliedschaft in der EU der Andrang der Flüchtlinge immer weiter zunehme.

Wählerprofil

Das Wählerprofil zeigt, dass überdurchschnittlich viele Männer die Partei wählen. Besonders auffällig ist, dass vor allem Facharbeiter und Ungelernte mit geringer Bildung die Dänische Volkspartei wählen. Die Zahl der Wähler ist in allen Altersgruppen gleich stark angestiegen, nur die Bürger, die zwischen 1945 und 1959 geboren wurden (1968-Sozialstaatsgeneration), sind unterrepräsentiert (vgl. Hillebrand 2015: 20).

Die Partei besticht vor allem durch eine starke „Anti-Establishment-Strategie“. Gegenüber der Bevölkerung gibt sich die Partei als Außenseiter, obwohl sie seit 2001 im Politikgeschehen aktiv mitwirkt. Bis 2011 arbeitete sie mit einer liberal-konservativen Minderheitsregierung im Parlament zusammen. Dabei kooperiert die liberale Regierungspartei »Venstre« mit der Dänischen Volkspartei, um ihre Positionen durchzubringen. Die Regierungsbeteiligung verleiht der Volkspartei natürlich erheblichen politischen Einfluss (vgl. Piontek 2015: 6).

Medienstrategien

Auch die Tatsache, dass sich die Partei schon von Anfang an stark den Medien bedient und dadurch immer präsent ist, ist maßgeblich für deren politischen Erfolg. Sie haben die verschiedensten Medienstrategien entwickelt: Die Partei hatte zum Beispiel als eine der ersten in Dänemark eine Homepage. Diese Internetseite wurde auch regelmäßig aktualisiert, so dass immer die neusten Meldungen zu finden waren (vgl. Hillebrand 2015: 19).

Auch bedient sie sich den sozialen Medien wie Facebook oder Twitter. So erreicht sie auch jüngere Wähler problemlos, die sich ohnehin mit Social Media auskennen. Auch außerhalb der Wahlen macht sie mit ihren Kampagnen auf sich aufmerksam und verschafft sich „[…] Bedeutung und politische Sichtbarkeit […]“ (Hillebrand 2015: 20). 2011 hat die Dänische Volkspartei ein Lied komponiert, das man sich auf Youtube anschauen kann.

Der Song wurde von Kim Christiansen, einem Parlamentsabgeordneten der Partei, geschrieben und eingesungen. Der Chor besteht aus der Parlamentsfraktion, darunter Pia Kjærsgaard (Gründerin) und Kristian Thulesen Dahl (Parteivorsitzender seid 2012). Der Titel des Liedes ist „Herfra min verden går“, zu deutsch: Meine Welt geht von hier aus. Der Chor besingt das Vaterland und ermahnt die Zuhörer: "Setz' dich hin und hör' dir ein vaterländisches Lied an […] für das Land, das deines ist und meins, wo die Flagge weht rot und weiß" (Svensson, 2011). Unterstützt wird die Wirkung des Liedes im Video nicht nur durch das Zeigen der singenden Parlamentsfraktion, sondern auch durch Bilder der dänischen Landschaft.

Die Initiatorin - Pia Kjærsgaard

Bekannt ist die Partei vor allem durch Pia Kjærsgaard, die erste weibliche Vorsitzende einer rechtspopulistischen Partei in Europa überhaupt. Und genau deswegen ist sie auch so besonders. Wenn man sie so sieht, würde man zunächst nicht ahnen, dass sie es faustdick hinter den Ohren hat. Doch sie schafft es wie keine Andere, eine Nation so sehr zu spalten.

Pia Merete Kjærsgaard wurde am 23. Februar 1947 in Kopenhagen geboren. 1963 hat sie einen Abschluss an der Volksschule gemacht und ging anschließend bis 1965 auf die Copenhagen Business School. Zwischen 1963 und 1967 arbeitete sie in der häuslichen Seniorenpflege und von 1978 bis 1984 war sie Büroangestellte in der Versicherungs- und der Werbebranche. Ihr beruflicher Hintergrund ist also sehr vielseitig.

Ihre politische Karriere begann Anfang der 1980er Jahre. Zunächst war sie Kandidatin in verschiedenen Landkreisen, bis sie 1984 ihren ersten Sitz im Folketing bekam. Ab 1987 trat sie dann als Spitzenkandidatin an (vgl. thedanishparliament). Wie oben schon beschrieben, verließ sie 1995 die Fremskridtpartiet (FrP) und gründete anschließend ihre eigene Partei, die Dansk Folkeparti (DF).

In dieser Partei war sie bis 2012 Parteivorsitzende und hat die Partei zu dem gemacht, was sie heute ist. Mit ihren Themen Einwanderung, Islam, Souveränität des Landes und EU-Kritik hat sie die Politik maßgeblich beeinflusst. 2012 wurde sie an der Parteispitze von Kristian Thulesen Dahl abgelöst. Für viele war dies zunächst ein Schock, da man nun damit rechnete, sie auf der politischen Bildfläche nicht mehr zu sehen. Das Gegenteil ist eingetreten! Im Jahr 2015 wurde sie, entgegen aller Widerstände, zur Parlamentspräsidentin gewählt. Sie ist somit die erste Frau, die solch einen Posten innehat. Ein weiterer Erfolg der Rechtspopulisten.

Resümee

Abschließend lässt sich sagen, dass rechtspopulistische Parteien auf Probleme oder Unbehagen in der Bevölkerung aufmerksam machen und die bereits etablierten Parteien dazu zwingen, sich dieser Probleme anzunehmen. Richtig gefährlich wird es erst, wenn ein Rechtspopulist wie in Amerika, oder in diesem Falle die Dänische Volkspartei, Teil der Regierung werden und ihre politischen Vorstellungen in die Tat umsetzen. Am Beispiel der Dänischen Volkspartei lässt sich dies sehr schön veranschaulichen. Hier wurde aus einer Erscheinungsform des Populismus alltägliche Politik, die prägend für das Land ist.

Literatur

Bohn, Robert (2010): Dänische Geschichte. 2. Aufl., München: Verlag C.H. Beck

Berger, Stefanie (2001): Die Fortschrittspartei in Dänemark, Norderstedt: GRIN Verlag

Hillebrand, Ernst (Hrsg) (2015): Rechtspopulismus in Europa. Gefahr für die Demokratie?, Bonn: Verlag Dietz, J H.

Kuschel, Sebastian (2011): Populismus und Euroskeptizismus am Beispiel der Dänischen Volkspartei. Eine Gefahr für die europäische Integration? Studienarbeit im Studiengang Staatswissenschaften an der Universität Passau

Piontek, Malte (2015): Euroskeptizismus in Dänemark. Der Einfluss der Dänischen Volkspartei auf die Programmatik von Venstre. Masterarbeit im Studiengang Politikwissenschaften des Geschwister-Scholl-Institut

Internet

Antifaschistisches Infoblatt (2010): Die rechtspopulistische »Dänische Volkspartei« (DF) [online] https://www.antifainfoblatt.de/artikel/die-rechtspopulistische-%C2%BBd%C3%A4nischevolkspartei%C2%AB-df (Letzter Zugriff: 16.03.2017)

Bundeszentrale für politische Bildung: Populismus in den EU-Staaten. [online] http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/177203/populismus-in-den-eu-staaten (Letzter Zugriff: 16.03.2017)

Bundeszentrale für politische Bildung (2009): Populismus. Erscheinungsformen, Entstehungshintergründe und Folgen eines politischen Phänomens. [online] http://www.bpb.de/41192/was-ist-rechtspopulismus?p=all (Letzter Zugriff: 16.03.2017)

Bundeszentrale für politische Bildung: Euroskeptizismus. [online] http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/176962/euroskeptizismus (Letzter Zugriff: 16.03.2017)

Danmarkskanon (2016): Denmark Canon – what makes us who we are. [online] https://www.danmarkskanon.dk/om-danmarkskanonen/english/ (Letzter Zugriff: 16.03.2017)

Danishparliament (2017): Pia Merete Kjærsgaard [online] http://www.thedanishparliament.dk/Members/dfpikj.aspx (Letzter Zugriff: 16.03.2017)

Danskfolkeparti (2002): Grundsatzprogramm [online] https://www.danskfolkeparti.dk/Dansk_Folkeparti_%E2%80%93_Die_D%C3%A4nische_Volkspartei_Grundsatzprogramm_Oktober_2002 (Letzter Zugriff: 16.03.2017)

Die Welt (2017): Dänischer Politiker will Grenze zu Deutschland neu ziehen. [online] https://www.welt.de/politik/deutschland/article162314233/Daenischer-Politiker-will-Grenze-zu-Deutschland-neu-ziehen.html (Letzter Zugriff: 16.03.2017)

Die Zeit (2016): Risse im Kontinent. Egal ob der Brexit kommt oder nicht: Ein Austritt aus der Europäischen Union ist auch in anderen Ländern ein Thema. [online] http://www.zeit.de/2016/27/eu-austritt-frankreich-polen-italien-option (Letzter Zugriff: 16.03.2017)

Süddeutsche Zeitung (2011): „Setz‘ dich hin und hör‘ dir ein vaterländisches Lied an“ [online] http://www.sueddeutsche.de/kultur/rechtspopulistisches-liedgut-in-daenemark-setz-dich-hin-und-hoer-dir-ein-vaterlaendisches-lied-an-1.1099479 (Letzter Zugriff: 16.03.2017)

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