Sonntag, 18. Dezember 2016

Ursachen für den Aufstieg der Populisten

Sozioökonomische Globalisierungsverlierer oder Kulturkampf - auf diesen Dualismus spitzt sich die Debatte um die Ursachen für die Wahlerfolge populistischer Politiker und Parteien zu. Die Zeit hat mit Marcel Fratzscher und Clemens Fuest zwei Ökonomen zum Streitgespräch geladen: "Ist die Ungleichheit schuld?" Schon in den Eingangsstatements findet sich der Dualismus in geradezu idealtypischer Weise:
Marcel Fratzscher: (...) Immer mehr Menschen haben das Gefühl, dass es ungerecht zugeht, sie erkennen, dass sie in ihren Chancen und Freiheiten beschnitten werden, dass es den eigenen Kindern nicht besser gehen wird und dass die politische und wirtschaftliche Elite ihre Anliegen ignoriert. Dies ist nicht nur ein Gefühl, sondern die Realität: Die soziale Ungleichheit ist ein zentrales Problem der westlichen Welt heute. Wer das leugnet, lebt auf einem anderen Planeten.
Clemens Fuest: Ganz so einfach ist es nicht. Wir haben es bei der Trump-Wahl in erster Linie mit einer Ablehnung des politischen Establishments in den USA und der von ihm verkörperten liberalen Werte zu tun: Offenheit für Zuwanderung, Toleranz gegenüber anderen Religionen und Minderheiten, die Gleichberechtigung von Frauen – all das wird infrage gestellt. Es geht also um kulturelle Probleme. Unter den Trump-Anhängern sind auch viele, die vom wirtschaftlichen Fortschritt der vergangenen Jahre nicht profitiert haben, aber die spielen nicht die Hauptrolle. Das Einkommen der Trump-Wähler insgesamt liegt über dem US-Durchschnitt.
Fratzscher: Das ist kein kultureller Konflikt, sondern ein sozialer – und wir sollten dies auch anerkennen. Die 61 Millionen Amerikaner, die für Donald Trump gestimmt haben, sind nicht alle automatisch rassistisch, sexistisch und fremdenfeindlich. Diese Menschen haben als Ablehnung gegen die Elite und wegen ihrer Unzufriedenheit über ihre soziale und wirtschaftliche Lage für Trump gestimmt.

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